Im Gespräch mit Leif Greinus zu Voland & Quist

Leif Greinus von Christiane Michel
Was ist Voland & Quist?
  • Leif Greinus: Wir sind ein Independent-Verlag mit Sitz in Berlin, Leipzig und Dresden.

Wie kam es dazu?
  • Leif Greinus: Es begann 2001, als Sebastian Wolter und ich beim Studium der Verlagswirtschaft in Leipzig als Planspiel im Seminar Controlling den fiktiven Verlag Voland & Quist gegründet haben. Das Ergebnis: lohnt sich nicht, bleibt dauerhaft in den roten Zahlen. Aber ab dem Zeitpunkt hatten wir einen Namen und zum Ende des Studiums 2004 die gesunde Naivität, es dennoch mit dem Verlag zu versuchen.
 
Wofür steht ihr?
  • Leif Greinus: Für junge, zeitgenössische Literatur.

Was veröffentlicht ihr?
  • Leif Greinus: Seit Gründung verlegen wir Lesebühnen-Literatur, wie beispielsweise Julius Fischers Ich hasse Menschen, haben das Programm aber immer wieder für andere Bereiche geöffnet: Die erste Erweiterung war unsere Reihe Sonar, in der wir mittel-, süd- und osteuropäische Stimmen in deutscher Erstübersetzung herausbringen. Neben Büchern veröffentlichen wir CDs, zum Beispiel jüngst Nora Gomringers Peng Peng Parker und auch Kalender, wie Marc-Uwe Klings Der falsche Kalenderoder Nico Semsrott Kalender des Scheiterns.
  • Und um eine ganz aktuelle, wichtige Publikation vorzustellen: das Buch Lebendes inhaftierten, ukrainischen Filmemachers Oleg Senzow, der in Russland zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und in einer Strafkolonie am Polarkreis eingesperrt ist, obwohl ganz offensichtlich keine Beweise für die krude Behauptung, er habe Terroranschläge vorbereitet, vorliegen.  
 
Wonach wählt ihr eure Veröffentlichungen aus?
  • Leif Greinus: Um Genres und Kategorien wie U- oder E-Literatur machen wir uns keine Gedanken. Wenn wir an einen Text glauben und die Qualität stimmt, dann geben wir ihm auch eine Chance. Entschieden wird immer von der gesamten Verlagsleitung. Manchmal gibt es Texte, über die brauchen wir gar nicht viel zu diskutieren, aber oftmals überzeugt ein Manuskript nur einen von uns - und der muss die anderen dann überzeugen. Jeder von uns hat einen eigenen Zugang zu Texten. Die Auswahl ist immer spannend, einer der schönsten Aspekte dieses Berufs.

Wie hat sich der Buchmarkt seit der Gründung von Voland & Quist verändert und welchen Einfluss hatte das auf euch?
  • Leif Greinus: In den letzten 15 Jahren ist natürlich viel passiert. Zum Beispiel wurde das eBook populär und alle dachten: Jetzt stirbt das gedruckte Buch, die Revolution blieb aber aus. Außerdem, und das ist großartig, bildet sich in der Öffentlichkeit immer mehr ein Bewusstsein dafür, dass es neben den großen Publikumsverlagen noch eine ganze Menge Independent-Verlage gibt, die sich oft mehr trauen und dann eben auch die interessanteren Titel im Programm haben, auch wenn sie weniger bekannt sind. Die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse an Anke Stelling vom Verbrecher Verlag dieses Jahr ist für mich ein gutes Zeichen dafür. Die Community der Unabhängigen ist außerdem besser vernetzt und organisiert. Ich glaube, von den unabhängigen Verlagen kann man in den nächsten Jahren noch mehr erwarten - allen voran natürlich von uns.
geschrieben von pierre ed, am 26. Juni 2019
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