Cash Savage und ihre sechsköpfige Band kratzen nicht nur an der Oberfläche, sie zerren das, was weh tut, ans Licht. Denn es muss raus. Nicht, weil es sich richtig anfühlt, sondern weil sie gar nicht anders können. Cash ist wütend, das hört man. Wütend, dass Minderheiten behandelt werden als seien sie weniger wert als andere. Wütend, dass die LGBTIQ+ Community nach wie vor allen Arten sprachlicher, körperlicher oder seelischer Gewalt ausgesetzt ist. Und die Gesellschaften noch immer kein Interesse zeigen, daran etwas substantiell zu ändern. Das Leben in Melbourne scheint also auch nicht schöner zu sein als anderswo. Die eigene Identität ständig rechtfertigen und verteidigen zu müssen lässt nicht nur den Glauben an Menschlichkeit verdorren, sondern reißt Narben. Cash, übrigens eine Nichte von Conway Savage, dem kürzlich verstorbenen Bad Seeds-Keyboarder, weiß, wovon sie singt. Und sie ist eine Persönlichkeit, wie man sie nicht alle Tage auf der Bühne erlebt. Da steht in riesigen Lettern: "we're all humans". Vermutlich werden wir alle noch in Jahrzehnten davon erzählen, wie diese Band aus Australien mit dieser, alle Emotionen durchlebenden Sängerin unser Fell dereinst auf links gezogen hat. Uns in unsere Seelen schauen ließ. Und es schauderte uns, zu sehen, was in uns war. Und wie wir es unermesslich genossen, uns in unseren eigenen Unzulänglichkeiten zu suhlen. Und anschließend wie durch ein Fegefeuer gereinigt waren. Endlich verstanden wir, der Religiosität völlig unverdächtig, dass Kunst genau das vermag, was uns bis heute im Namen des Glaubens verkauft werden soll. Auf einer anderen, übertragenen Sinnebene natürlich, aber: Das kann Kunst. Das kann Musik.
Verlegung vom 20.09.2022, bereits erworbene Tickets behalten ihre Gültigkeit.