16:00
29. Aug
( Sonstiges )
Dresden.politisch.gestalten
Die Werkstatttage „Dresden.politisch.gestalten.“ verbinden zwei zentrale Fragestellungen. Wie wird künstlerischer, kultureller und literarischer Ausdruck politisch? Und wie kann man sich Dresden als politischem Raum und politischem Symbol künstlerisch nähern. Vier Werkstätten bieten die Möglichkeit, sich diesen Fragen mit els unterschiedlicher künstlerischer Techniken und Methoden zu nähern. Im Vordergrund steht die Diskussion und das Experiment. Die Runde Ecke im riesa.efau ist Treffpunkt und Ort des Austausches zwischen den Teilnehmenden der Werkstätten.

Dresden ist Heimat? Dresden ist Osten und Westen? Dresden ist Vielfalt und Fremde?
Dort, wie die Dresdner Kulturhauptstadtsbewerbung für 2025 Punkte hinter Zuschreibungen setzt, wollen wir im Rahmen einer Workshopreihe vom 28. bis 31. August 2019 bewusst Fragezeichen setzen.
Dresden, ist das nicht nur ein imaginierter Raum zwischen Barock und Zerstörung mit seiner neuen Altstadt als sichtbarem Manifest dieser beiden Traumbilder? Oder bildet sich abseits der großen Vorstellungen ein neues Dresden – das der Vielfalt und jungen Subkultur in der Dresdner Neustadt, dem gentrifizierungsgeplagten Ausgehviertel Dresdens oder das der urbanen Gemütlichkeit des Dresdner Ostens. Wo leben die neuen Dresdnerinnen und Dresdner, die 2015, davor und danach zu uns gekommen sind? In den von Abgrenzung und Teilung betroffenen Stadt w im Südosten und Südwesten der Stadt oder wird ihr Einfluss auf das städtische Leben auch anderswo sichtbar?
Da, wo es sich zu leben lohnt, fühlt man sich zuhause – Dresden, zeitweise Geburtenhauptstadt. Was interessiert die jungen Menschen, die hier zur Schule gehen? Und wo ist ihr Raum in der Stadt?
Dem Ruf des Tals der Ahnungslosen widerspricht eine lebendige Streitkultur gegenüber, die oftmals schmerzt, an die Substanz geht, stur ist. Positionen stehen sich gegenüber, nicht erst seit Pegida. Im Streit um eine Brücke verlor die Stadt ihren Welterbetitel. Doch wie gehen wir mit dem allerorts aufflackernden Rassismus um? Mit Gewalt, Hass und Hetze, die Dresden auf der einen Seite den Titel „Stadt des Widerstands“ einbrachte, auf der anderen Seite den eines braunen Schandflecks? Wie organisieren wir Vielfalt, die weniger Fremde mit sich bringt?
Mit einer Workshopreihe wollen wir diese Fragen nutzen, um gemeinsam künstlerisch tätig und wirksam zu werden. Im Rahmen von Workshops, offen für alle, die sich für das Kunstmachen, das Literaturmachen und Performanen interessieren und Lust haben, sich auszuprobieren, wollen wir uns der Frage nähern, wie Dresden – als Symbol für unsere politische Kultur und als gesellschaftlicher Raum, der über Kultur erfahrbar wird, gelesen und betrachtet werden kann.
Wir laden Sie und Euch recht herzlich ein, in der Woche vor den Landtagswahlen vom 28. bis 31. August 2019 mit uns diese Auseinandersetzung zu suchen. Interventionistisch, vielfältig und kulturpolitisch.
Alle angebotenen Workshops sind kostenlos. Zum Abschluss der dreitägigen Workshops zeigen wir im Rahmen einer Werkstattpräsentation den Schaffensprozess, präsentieren im Rahmen einer Lesung die Ausgabe „dresden.politisch.schreiben“ und öffnen den Raum für Musik und Performances.

Die Grundlage für den Workshop Künstlerbuch können die verschiedenen Texte einer Sonderausgabe Der Maulkorb – Blätter für Literatur und Kunst,der zu diesem Thema erscheinen wird, bilden. Es können aber auch andere oder eigene Texte genutzt oder  mitgebracht oder geschrieben werden, die sich mit Dresden auseinandersetzen. Natürlich kann auch ein vollkommen freier Ansatz gewählt werden.
Das Künstlerbuch steht hier für einen definierten Rahmen, innerhalb dessen ein Thema bearbeitet werden kann. Es ist subjektiv und einmalig. Es erhebt keine Forderung nach Objektivität, nach richtig. Nach falsch. Ein Scheitern findet nicht statt. Es zeigt immer eine persönliche Auseinandersetzung und ist zugleich auch eine Dokumentation dieser Auseinandersetzung bzw. ihrer Entwicklung. Das Buch liegt am Schnittpunkt von Sprache, Bild, von Massenprodukt und Unikat und Serie. Es ermöglicht uns, einen Gedanken über viele Seiten fortzuführen, genauso, wie es mit jedem Umschlagen der Seite, einen Neubeginn verspricht oder ermöglicht.
Ziel des Workshops ist es, sich mit verschiedenen Blickwinkeln von, auf, aus und mit Dresden auseinanderzusetzen, diese mit künstlerischen und literarischen Mitteln zu betrachten, zu verarbeiten oder zu illustrieren. Politisch soll hier – etwa im Sinne von Villem Flusser – als etwas öffentlich machen, verstanden werden.
Etwas ins Licht ziehen und es darum betrachtbar machen und durch diese Betrachtbarmachung, eine Auseinandersetzung schaffen bzw. fördern. Dabei soll, die Art und Weise und die Folgen des Öffentlich-Machen nicht vergessen werden und in den Prozess einfließen.
Am Ende des Workshops sollen aus diesen Betrachtungen der Teilnehmer verschiedene Künstlerbücher als Unikate entstehen. Das Buch soll hier im weitesten Sinne als eine Einheit und Rahmen der inhaltlichen Auseinandersetzung verstanden werden, es kann aber auch einfach ein Heft, eine Schriftrolle, ein Leporello oder jede andere geeignete Form entstehen.
Wir nutzen verschiedene literarische Techniken wie Cut Up, einfache Formen des Ketten-Renga oder der Collage/Decollage. Wenn es passend erscheint, werden wir z.Bsp. Auch Erkenntnisse aus Viktor Klemperers LTI nutzen. Wir denken über verschiedene Abstraktionsebenen und deren künstlerische Umsetzung nach. Layout/ kein Layout, Typografie, Bildaufteilung, Regelüberschreitungen. Wir nutzen einfachere Bindungen wie japanische oder koptische Buchbindetechniken.
Eine Zusammenarbeit der Teilnehmer ist ausdrücklich gewünscht.
Dies ist kein Buchbindeworkshop!

Oft wird von neunmalklugen Kritikern gesellschaftliche Relevanz in der Literatur eingefordert. Viele Schriftsteller bleiben merkwürdig dickfellig gegen solche Ansprüche. Ihnen wird das gern als Desinteresse ausgelegt. Sie hingegen weisen jenen Anspruch mit dem Hinweis zurück, dass jede große Kunst jenseits der Meinung zu siedeln habe. Das ist allerdings in sich schon eine politische Haltung, denn der größte Teil der Kunst findet gerade im Mittelbereich zwischen dem nicht ganz Schlechten aber auch nicht gänzlich Außergewöhnlichen statt. Ein Künstler positioniert sich also deutlich zu seinen Mitmenschen, wenn er fraglos annimmt, dass seine Arbeiten die seiner Zeitgenossen fraglos überragen. 
Es gibt weitere Gründe, sich einem allzu direkten politischen Anspruch zu entziehen: Wer politische Haltungen im Text explizit macht, ist regelmäßig mit eingeschliffenen Reflexen, Vorurteilen und Meinungen konfrontiert. Wer sich in diesem Irrgarten der Abwehr anderer Haltungen nicht verfangen will, kann versuchen, die in politischen Begrifflichkeiten oder Bildern abgespeicherten Vorurteilsstrukturen zu unterlaufen.
Auch muss der politische Autor damit rechnen, dass ein Lektor, Redakteur oder Herausgeber politische Meinungen hegt, die nicht den eigenen entsprechen. Das bedeutet statistisch, dass sich jene Texte politischen Inhalts in der Öffentlichkeit am weitesten verbreiten, deren Haltung sich mit den gängisten Ansichten deckt. Die Wirkungsabsicht hat hier die Tendenz zur Redundanz.
Gesellschafliche Wirkung wird ein Text also nicht auf dem sprachlichen Spielfeld erlangen, auf dem sich die Leitartikler der Zeitungen tummeln. 
Eher dort, wo er sich kleine Verschiebungen der Bilder (von Menschen), der konzeptuellen Rahmung der geschilderten Sachverhalte, manchmal der Personalpronom (dieser Text ist, wenn auch nur aus sprachlicher Bequemlichkeit, z.B. aus männlicher Perspektive geschrieben) oder im Bezug auf Traditionen zu Nutze macht.
Dazu muss der Text auf der Oberfläche letztlich gar keine Signaturen des Politischen tragen. So konnten etwa Naturgedichte (im 3. Reich) oder Interieurbeschreibungen (in der DDR) zum Politikum werden, insofern sie die Spähre des politischen ostentativ ausschlugen. Auch möglich ist, dass ein Text eine allegorische Folie bereit stellt, in der sich politische Verhältnisse spiegeln (lassen).
Und auch das ist möglich: Ein an der Oberfläche ideologischer Text (etwa ein Naziode Weinhebers oder eine Stalinballade Bechers) unterläuft gewollt oder ungewollt die Intentionen der Textoberfläche so sehr, dass sie gerade darum von Opositionellen gern konsultiert wird.
Je nach Interessenlage der Teilnehmer versuchen wir nach Möglichkeit anhand der (mitgebrachten oder entstehender) Texte der Teilnehmer diesen Phänomenen nachzuspüren.
Ergebnisse des Workshops können (verbesserte?) Texte der TeilnehmerInnen ebenso sein, wie neue Haltungen, Erfahrungen und Befunde in Bezug auf (Text im Verhältnis zur) Gesellschaft. Auf einer Präsentation wollen wir am 31. August im Riesa efau Einblick in die Ergebnisse unseres Workshops geben.

Die Verbindung von künstlerischen Strategien und politischem Aktivismus scheint in Zeiten einer fragmentierten Öffentlichkeit eine besondere Kraft entfalten zu können. Politische Bewegungen – von links und rechts – haben dieses Potential für sich entdeckt, um die eigene Agenda sichtbar zu machen. Ob bei Occupy oder der Identitären Bewegung werden theatrale Mittel genutzt, um mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Doch wo verläuft die Grenze zwischen politischer Aktionskunst und ideologischer Instrumentalisierung künstlerischer Mittel? Und was ist das überhaupt: politische Kunst?
Wir, die Performancekünstler*innen und Theaterwissenschaftler*innen Romy Weyrauch und Michael McCrae, wollen mit Euch in diesem Seminar über diese Fragen diskutieren, gemeinsam Formate politischer Aktionskunst entwickeln und praktisch ausprobieren.
Im ersten Teil des Workshops wollen wir zusammen mit Euch einige Beispiele von Kunstaktionen  untersuchen:
 
Künstler*innen(kollektive) wie Christoph Schlingensief, das”Zentrum für politische Schönheit” oder “PENG!”, haben in den letzten Jahren immer wieder Kunst und politische Aktion geschickt miteinander verknüpft und damit polarisiert. Wie haben sie das gemacht? Wo ähneln sich ihre Ansätze? Wo unterscheiden sie sich? 
Auf Grundlage dieser Auseinandersetzung wollen wir dann im zweiten Teil mit Euch eigene aktionistische Formate entwickeln: Wie kannst du ein politisches Anliegen in Aktionskunst verwandeln? Was willst du damit eigentlich erreichen? Und wo liegen hier die Fallstricke?
Im letzten Schritt wollen wir dann mit Euch “Raus auf die Straße!”, um die ein oder andere entwickelte Idee dem Praxistest zu unterziehen.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber wir freuen uns natürlich über interessierte und aktiv(istisch)e Teilnehmer*innen.
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