Wir freuen uns sehr, zusammen mit unserem Kurator Florian Lauer ab sofort einen regelmäßigen Jazz-Konzertabend im Blechschloss präsentieren zu dürfen. An jedem dritten Dienstag im Monat wird es fortan jazzophile Klänge mit sehr unterschiedlichen Facetten - jedoch stets jugendlicher Frische - zu bestaunen geben. Der Jazz feiert dieser Tage eine unfassbare Rennaissance und wirkt bis tief ins Zentrum der Popkultur ausdrucksvoll hinein. Größen wie Kamasie Washington, Gogo Penguin oder auch Ätna stehen Pate für diese Entwicklung, an deren subkulturellen Wurzeln im frei wachsenden Klangwald wir nun nach neuen Diamanten graben werden. Stilistisch kann dies durchaus variieren: egal ob Freejazz, Fusion-Experimente mit elektronischem Einschlag bis hin zum Ambient-Piano-Sound kann alles vertreten sein. Lasst euch überraschen und freut euch auf ein kurzweiliges und anregendes Vergnügen mit erstklassiger Jazzmusik.
Diesmal bei "Blechschloss Jazzophil" sind zu Gast: Loom & Thread
Auf den ersten Blick arbeiten Loom & Thread in der vielleicht klassischsten aller Jazzformationen: dem Klaviertrio. Und tatsächlich spannen Daniel Klein (Drums) und Tobias Fröhlich (Kontrabass) ein hochagiles wie komplexes Netzwerk, in das die Tastenarbeit von Tom Schneider hineinstrahlt. Bereits diese Konstellation würde ein Wunder an Interaktion darstellen: unerwartete Sprünge, abrupte Fälle, rasante Steigungen – in Echtzeit integriert zu kohärenten Musikströmen, die anspruchsvollstes Terrain durchziehen. Strahlende Klarheit trotz hochkomprimierter Dichte: die Geburt innovativer Ordnung aus spontanem Spiel.
Und dennoch würde diese Betrachtung den Kern der Sache weit verfehlen. Denn die zentrale Zeitachse fächert sich sofort auf in dutzende Richtungen, zu einer schimmernden Multidimensionalität interagierender Ebenen. Was zunächst wie Klavierimprovisation im Post-Bop-Paradigma anmutet, erfährt abrupte Wechsel, unmögliche Wendungen, Sprünge der Tonhöhe und der Dynamik jenseits der physikalischen Möglichkeiten eines so vertrauten Instruments wie dem Klavier. Der erste Eindruck bekannter Gegebenheiten wird damit dauerhaft zerschlagen.
Denn Tom Schneider sampelt sein eigenes Spiel und führt es in der Wiedergabe kontinuierlich der improvisatorischen Jetztzeit des Trios zu. Durch Manipulation der Startzeitpunkte und Dauern der gesampelten Phrasen werden diese selbst zu spielbarem Material – Metaimprovisation. Sample-Inhalt und Sample-Manipulation sind in den Händen der selben Person, die beide Ebenen in Echtzeit amalgamiert und vorantreibt.
Diese „Metaimprovisation“ wird von den anderen beiden Musikern aufgegriffen, die sich in einer Art multidimensionalem Schachspiel verwickelt finden: Interaktion mit dem originären Strom aus Richtung des Klaviers und der Spiegelungen der Sample-Ebene. Das Klavier-/Sampler-Kontinuum mit seinen mehrschichtig verteilten Eingriffspunkten attackiert, umspielt, treibt die angemessen kantige Rhythmussektion voran. Ein kubistisches Fest der Sinne, in dem sich die Widersprüche von Technologie und Geist auflösen.