Philosophisches Gespräch mit Philipp Felsch, Professor für Kulturgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Herfried Münkler, Professor em. für Politische Theorie und Ideengeschichte
In unserer Reihe Theorien zur Praxis stellen wir zweimal jährlich Theoretikerinnen und Theoretiker vor, die bis heute inspirieren, faszinieren und irritieren. Wir wollen wissen, unter welchen Bedingungen eine Theorie aufkam, was sie so erfolgreich machte und was sie uns heute noch zu sagen hat.
In dieser Ausgabe wenden wir uns dem Denken eines der bedeutendsten politischen Theoretiker der Neuzeit zu, der mit seiner Analyse der Regierungskünste Politik und Moral voneinander trennte und darin bis heute ebenso viel rezipiert wie umstritten ist: der Florentiner Philosoph, Politiker und Diplomat Niccolò Machiavelli (1469 – 1527). In seiner Abhandlung Der Fürst (Erstausgabe 1832) entwickelt Machiavelli die Vorstellung einer Staatsräson, bei der die politische Führung notfalls auch zu Gewalt und Grausamkeit bereit sein müsse, wenn es dem Erhalt von Staat und Macht dient. Geschicktes politisches Handeln verlange außerdem die Kunst, den richtigen Schein zu erzeugen. Bereits kurz nach Erscheinen des Buches setzten heftige Polemiken gegen diese vermeintlich skrupellose und amoralische Vorstellung von Politik und Staatsführung ein, Friedrich II., der Große, fühlte sich gar zu einem „Anti-Machiavell“ (1740) aufgefordert. Die politische Theorie hingegen berief sich von Montesquieu über Hobbes, Rousseau bis hin zu Hannah Arendt und Carl Schmitt durchaus zustimmend auf den Renaissancephilosophen.