Technik in seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet eher eine Art Kunstfertigkeit oder Handwerk als etwas außerhalb des menschlichen Körpers liegendes. In diesem Zusammenhang erscheint das Wort bis in die Renaissance als Sammelbegriff der artes mechanicae. Erst spät verschiebt sich seine Bedeutung zunehmend in Richtung einer Gesamtheit der menschengemachten Gegenstände wie Maschinen, Geräte, Apparate usw. Beide Lesarten sollen in diesem Konzert berücksichtigt werden und sich gegenseitig durchdringen. Déserts von Edgar Varese entstand zunächst als Soundtrack zu einem Film und enthält Tonbandeinspielungen, die auf Fabrikgeräuschen und Schlaginstrumenten basieren. Das Zuspielband der Uraufführung entstand im Pariser Studio von Pierre Schaeffer jener legendären Geburtsstätte der musique concrète die als Wegweiser für den Umgang mit technischen Medien innerhalb der Musik gilt. In diesem Pariser Umfeld komponierte Michaël Levinas – mit vergleichbaren, aber z.T. deutlich divergierenden Ideen – Appells für 11 Instrumente. Ein Jahr zuvor hatte Levinas zusammen mit drei weiteren Komponisten die Gruppe l’itinéraire gegründet, die mit ihren Arbeiten neue Dimensionen der Klangforschung entwickelte – auch das eine wichtige Facette des Themas. Hier treffen wir wieder auf den Begriff der Technik in seiner ursprünglichen Bedeutung, als handwerkliches Geschick, welches ohne die exakte Kenntnis der Akustik und den Einsatz moderner technischer Geräte nicht denkbar wäre. In den beiden Kompositionen von Franz Martin Olbrisch vereinen sich nun die spektrale Kompositionstechnik mit all ihrem Wissen um das Innenleben der Klänge mit der modernen Technik live-elektronischer Mittel.
Die Inszenierung SUPERSOCIAL der estnischen Künstler*innen Üüve-Lydia Toompere und Siim Tõniste ist eine Einladung an das Publikum. Ihre Gastgeber*innen bringen Sie miteinander ins Gespräch, unangestrengt, persönlich und manchmal überraschend hintersinnig. Vielleicht werden Sie sich im Laufe der 100 Minuten der Meinung von jemand anderem anschließen, vielleicht stehen Sie mal alleine für etwas ein. Zwischendrin können Sie einfach nur zuschauen und am Ende bekommen Sie 600 Sekunden geschenkt - für etwas ganz besonderes. SUPERSOCIAL eben. SUPERSOCIAL ist ein Stück, für das es nicht unbedingt ein Theater braucht, weil es an allen Orten stattfinden kann, an denen Menschen aus verschiedensten Anlässen zusammen kommen. Daher wandert die Inszenierung nun für fünf Vorstellungen durch Dresden, vom Zentralwerk in Pieschen über den Club oka im Industriegelände bis zur Terrasse des Kleinen Hauses. Ursprünglich für das europäische Festival für junge Regie Fast Forward im November 2020 geplant, konnte die Arbeit bedingt durch den Lockdown im November nicht stattfinden, erhielt dann aber den vom Förderverein gestifteten Residenzpreises des Festivals. Nun lösen Üüve-Lydia Toompere und Siim Tõniste ihren Preis ein. In Interviews mit verschiedenen Dresdner Gesprächspartner*innen haben sie sich seit April mit der Stadt beschäftigt, in der sie jetzt das Publikum zu SUPERSOCIAL einladen. Ihre Gastgeber*innen sind also bestens vorbereitet, um Sie miteinander ins Gespräch zu bringen. Lassen Sie sich überraschen!
Üüve-Lydia Toompere (*1990) und Siim Tõniste (*1987) arbeiten als Performer, Choreograf*innen, Dozenten und Stückentwickler in unterschiedlichen Projekten und Disziplinen. Toompere hat gerade ein Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin abgeschlossen. Tõniste lebt als freier Künstler in Tallinn. Vom Theater, über soziale Bildung und Vermittlungsarbeit bis zur Clubszene beschäftigen sie sich mit verschiedenen kommunikativen und sozialen Aspekten ihrer Kunst. Seit 2015 erarbeiten sie als Autoren- und Regie-Team eigene Theaterstücke, SUPERSOCIAL ist ihre dritte gemeinsame Inszenierung.