Max Frisch - "Mein Name sei Gantenbein" - 1964 - Roman
Ein Mann sitzt in seiner Wohnung allein. Die Teppiche sind gerollt, die Fensterläden geschlossen, die Möbel mit weißen Tüchern bedeckt. "Von den Personen, die hier dereinst gelebt haben, steht fest: eine männlich, eine weiblich." Um dem Ich dieses Mannes, der Gantenbein heißen soll, auf die Spur zu kommen, entwirft der Erzähler Varianten dessen - und gleichzeitig seines eigenen - Lebens. "Mein Name sei Gantenbein!" beschließt er und erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich eines Tages eine Blindenbrille und ein schwarzes Stöckchen zulegt, um seine Umwelt glauben zu lassen, er sei blind. Gantenbein ist keine Gestalt der Wirklichkeit - so wenig wie Don Quichotte - sondern eine Rolle, die der Ich-Erzähler sich entwirft. Gantenbein als blinder Fremdenführer, Gantenbein als blinder Zeuge vor Gericht, vor allem aber als blinder Gatte, der mit Lila, indem sie ihn für blind hält, eine glückliche Ehe führt - bis er eines Tages aus seiner Rolle fällt.
Sóley Stefánsdóttir sollte dem aufmerksamen Beatpol-Besucher bereits seit 2010 ein Begriff sein, damals stand sie als Keyboarderin und Gitarristin der Reykjavíker Easy-Listening-Folk-Combo Seabear auf unserer Bühne. Im selben Jahr startete die in Hafnarfjörður, Island geborene Künstlerin auch ihre Solokarriere. Sóleys märchen-, besser: elfenhaft anmutende Songs verzaubern den geneigten Zuhörer mit zartem Klang und nur scheinbar unschuldig-mädchenhafter, berückender Gesangsstimme. Die studierte Komponistin und leidenschaftliche Pianistin verführt uns mit leichter Hand und kruden Short Storys in ihren eigentümlichen, recht schrulligen Entwurf einer magischen, leicht verhuschten, zugleich jedoch auch sirenengleich-anziehenden (musikalischen) Gegenwelt. Denn stets schwingt auch etwas unterschwellig Abgründiges, schwer zu greifendes Surreales mit, scheint uns in einen tiefen Brunnen ziehen zu wollen.