19:0020:00
16. Feb
( Konzert )
Mädness
  • Mädness
    Döll
  • Hip Hop, Rap
  • VVK 25,70
Mädness möchte raus. Raus aus der Konsumverliebtheit, raus aus der ewigen digitalen Selbstoptimierung und raus aus der vermeintlichen Komfortzone einer zerfaserten, toxischen Szene, die am Ende doch meist Zeitgeist und Ego über alles stellt. Aber um diese Szene soll es hier gar nicht gehen. Wenn Mädness draußen ist, wo die Luft frisch ist und der Blick weit, definiert er sich längst nicht mehr über irgendein Dagegensein. Es ist nur so: Das Rapgame, wie es sich gegenwärtig darstellt, braucht er nicht mehr. Dass er das Handwerk beherrscht wie nur wenige Andere hierzulande, ist in Fachkreisen Konsens. Doch ist Rap, das Vehikel, für Mädness heute längst nicht mehr so interessant wie der Weg, den es damit zurückzulegen gilt. „OG“, sein jüngstes Soloalbum, ist der erste Meilenstein auf diesem Weg.

Die schönsten Geschichten schreibt das Leben dann, wenn man gar nicht daran denkt, Geschichte zu schreiben. So eine Geschichte ist auch „OG“. Als Mädness 2014 mit der EP „Maggo“ seinen bis dato größten Erfolg feierte, hätte das auch ein würdiger Schlussstrich unter der Mitte der Nullerjahre begonnenen Rapkarriere eines ewig Hochbegabten sein können. Dass er 2017 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Döll das Projekt „Ich und mein Bruder“ in obere Chartregionen schickte, war dann aber eben keine Übergabe des Staffelstabs, sondern die Neuentdeckung des eigenen Mediums. Im engen Umfeld von Künstlern wie Audio88 & Yassin und K.I.Z festigte sich nicht nur für Mädness über Jahre hinweg die Überzeugung: Rap kann und will wieder eine Haltung haben. Genau diese Haltung hat er nun, mit Ende 30, für sich selbst auf den Punkt gebracht, in Eigenregie, ohne Abhängigkeiten und mit dem unbedingten Willen zur Bewegung.

Der selbstbestimmte Neuanfang hört auf den Namen „OG“ und der Begriff will erst einmal atmen: Klar wird hier Bezug auf den „Original Gangster“ der amerikanischen Straßenkultur genommen, diese eher gelassene denn bedrohliche Figur, die sich ihren Respekt längst verdient hat. Aber Mädness denkt die Umdeutung auch ganz wörtlich mit, wird zum „Original Gude“, nonchalant auf den Universalgruß seiner hessischen Heimat Bezug nehmend. Die Souveränität steht immer noch im Zentrum, nur zu befürchten gibt es nichts.

Haltung manifestiert sich hier zuerst im absolut bewussten Umgang mit dem Ich und dem eigenen Wertesystem. Das Drumherum, die Gesellschaft, wird erst viel später Teil des Narrativs und muss nicht mehr als Gegenspieler herhalten. Mit neu gewonnener Klarheit sagt Mädness sich von alten Gewohnheiten los, hinterfragt Konventionen und arbeitet für sich einen neuen Lebensentwurf aus: Freiheit entsteht aus Verzicht und Loslassen. Zuhausesein passiert im Kopf und hat nichts mehr mit Orten zu tun. Und wenn positives Denken und Handeln sich manchmal fast wie Naivität anfühlt: Ist das denn so schlimm? An dieser Stelle kann Rap noch viel von Mädness lernen, denn wie antizyklisch es anmutet, heute ein derart positives Album zu veröffentlichen, verrät viel über das Genre und dessen Tunnelblick. Auch davon galt es sich zu lösen. Plötzlich allein auf weiter Flur zu stehen kann der größte Befreiungsschlag von allen sein. Durchatmen.

„OG“ zeichnet in zehn Songs die letzten zwei, drei Jahre in Mädness’ Leben schlüssig nach und legt bereitwillig die Karten auf den Tisch. Auf der ersten Albumhälfte dominiert die Auseinandersetzung mit alten und neuen Beziehungen, persönlich wie räumlich: „Team Allein“ und „Endlich neue Freunde“ sind darin völlig klar und frei von Bitterkeit, während „Kein Ort“, das Mädness sich mit seinem langjährigen Weggefährten Marteria teilt, minutiös die verschwommene, oft bedrückende Stimmung in Kaff und Kleinstadt nachzeichnet, die ihre Biografien prägte. Die zweite Hälfte macht ein aufgeräumtes Hier und Jetzt hör- und greifbar mit dem verspielten Titelsong, mit „Arbeit/Urlaub“ oder „Was soll ich dir schon erzählen“. Funk- und Boogie-verliebte Beats u.a. von Suff Daddy und Nico K.I.Z untermauern grinsend, wie wenig das hier am Ende noch mit strengem Rap-Tagesgeschäft zu tun haben muss.

All das klingt versöhnlich, erfahren, erleichtert – und wie jemand, der ganz bei sich selbst ist. Wer Mädness genau zuhört, weiß, dass das nicht immer so war. Er wollte nicht umsonst raus. Denn von dort aus sieht man vieles besser.
19:0020:00
16. Feb
( Literatur )
Patrick Wilden & Bernd Lüttgerding
  • Patrick Wilden (Dresden)
    Bernd Lüttgerding (Brüssel)
    Thomas Schönfeld (Dresden)
  • Lesung
  • Spende
Der Gedichtband "Der rote Fuchs" von Bernd Lüttgerding setzt dem Fuchs, der Fuchsheit, dem Füchsischen ein poetisches Denkmal. – Fuchs wird Feuer und beide lassen auch an den Enthusiasmus des lyrischen Ich denken, das seine Umwelt betrachtet. Die fast durchweg gereimten, zwölfzeiligen Gedichte und die farbigen Illustrationen, die dem Text beigegeben sind, spiegeln den Fuchs als Helden, Trickster, Erlöser und Opfer in der Nachbarschaft des Menschen. Mensch und Tier, Stadt und Land werden dabei in eine ambivalente Beziehung gesetzt. Wie fruchtbar und tödlich die Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Natur aussieht, davon erzählt "Der rote Fuchs". Im Dunkeln leuchtende Wörter, die Verheißungen alter Bücher und Landkarten, die letzten Geheimnisse einer von Google Maps kartierten Welt – all das findet bei Patrick Wilden ganz selbstverständlich zusammen. In seinen Gedichten geht es ums Unterwegssein: Landschaften am Meer und Städte am Fluss sind seine Umgebung, in Bussen, Straßenbahnen und Zügen durchmisst er sie. Er sucht nach „Schreibers Ort“ und versucht eine Antwort auf die Frage: „Warum ich keine politischen Gedichte schreibe“. 
Kalender
Scroll Top