18:00
10. Mär
( Performance )
An Invitation to Disappear
  • Julian Charrière
  • Eintritt frei, Anmeldung beachten
“An Invitation to Disappear” ist die wörtliche Übersetzung von “Tambora”, einem Vulkan auf der indonesischen Insel Sumbawa. 1815 brach der Tambora aus verursachte die bis heute größte verzeichnete Eruption der Menschheitsgeschichte. Tausende Menschen fielen dem Ausbruch zum Opfer, eine Aschewolke verteilte sich rund um den Globus und ließ die Temperatur auch in Europa und Nordamerika sinken. Das Jahr 1816 ging als das “Jahr ohne Sommer” in die Geschichtsschreibung ein, der vulkanische Winter, der noch bis 1819 andauern sollte, rief Ernteeinbrüche, Überschwemmungen und Hungersnöte hervor. Aufgrund zahlloser Aerosole in der Atmosphäre veränderten sich aber auch die Farbspektren der Sonnenuntergänge: Die Werke William Turners oder Caspar David Friedrichs, die während dieser Jahre entstanden, können wie Chroniken dieser veränderten Sonnenstrahlung gelesen werden.

Die Installation „An Invitation to Disappear“ des Schweizer Künstlers Julian Charrière mit der Musik von Inland aka Ed Davenport folgt einer Choreografie: farbige Blitze erhellen die dunkle Nacht in einem dicht bestellten Palmacker, harte, elektronische Rhythmen in Endlosschleife durchschneiden die endlose Ruhe eines Baumfeldes. Eine Palmölplantage erbebt von Licht und Klang geschüttelt, die Szenerie schwankt zwischen verheißungsvoll und bedrohlich. Die Besucher bewegen sich mitten in einem Rave, sie folgen den Rhythmen und Klängen der elektronischen Musik, tauchen immer tiefer ein in eine von Nebelschwaden verschleierte Szenerie, die auf einer Palmölplantage in Fernost gedreht wurde. Eine Szenerie, die einem durch Musik verursachten Rauschzustand den exzesshaften Raubbau an der Natur zur Seite stellt. Die Allgegenwärtigkeit des Stoffes Palmöl findet ihre Analogie in der Abwesenheit unseres Interesses an dessen Gewinnung; die physische Absenz des Menschen schlägt in eine Omnipräsenz seiner Handlungen um. Obwohl Palmöl heute nahezu überall Verwendung findet, ist weit weniger bekannt, wie und wo es gewonnen wird und welche Folgen mit seinem Abbau verbunden sind. Der Anbau in Monokultur, die Vergiftung des Bodens aufgrund von Schädlingsmitteln und die Rodung der Regenwälder zur Vergrößerung der Anbauflächen gehen mit dem Wachsen von Palmölplantagen einher. Inmitten der starren Raster, in denen die Palmen gepflanzt sind, verdichtet die Installation An Invitation to Disappear Bild und Sound zu Metaphern für den menschlichen Fortschrittglauben, für kurzlebige (Profit-) Interessen und deren massive Folgen und beschwört gleichzeitig kollektive Trancezustände und Erfahrungen des Überzeitlichen herauf.

„An Invitation To Disappear“ wurde zunächst in der Kunsthalle Mainz und Berlinische Galerie gezeigt, außerdem im Rahmen der Berlin Art Week in einer Live-Edition mit Inland aka Ed Davenport im Berghain. Im April 2021 war die Installation Teil einer Dokumentation der pandemiebedingten Schließung von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste im Rahmen der 30. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik und stellte so auf besondere Weise der Abwesenheit des Menschen die dramatischen Folgen menschlichen Handelns gegenüber. Vom 10.-12. März 2022 wird das Projekt im Rahmen der HYBRID Biennale Pre-Shows erneut in Kooperation mit ZIMMT (Leipzig) im Großen Saal des Festspielhauses in HELLERAU präsentiert.

Anmeldung für den 10.03. an ticket@hellerau.org
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