I
»I Dance Alone«
Bogomir Doringer
Ausgangspunkt des Forums "Crowds and Power" ist das laufende Forschungsprojekt „I Dance Alone“ des serbisch-niederländischen Künstlers Bogomir Doringer (Universität für angewandte Kunst Wien). Seit 2014 filmt er verschiedene Clubs aus der Vogelperspektive mit dem Ziel, Variationen von kollektiven und individuellen Choreografien weltweit zu dokumentieren. Sein Projekt besteht auf zwei verschiedenen Formen des Tanzes: die der Dringlichkeit und die der Unterhaltung. Funktionen des Tanzes können sozial, zeremoniell, erotisch, liturgisch, kompetitiv, martialisch sein - auch politisch, wie Doringer hinzufügt. In Ländern, in denen das Sozialsystem gescheitert ist und kulturelle Institutionen fehlen, fungieren Clubs als Treffpunkt, an dem ein "kollektiver Körper gebildet werden kann, der junge Menschen bewegt, erzieht und zuweilen manipuliert". Tanzflächen lösen soziale Interaktionen aus - potenziell politische oder gar eine Form von Aktivismus -, die in der Außenwelt angewendet werden könnten.
II
»[Gegen]Macht - wer, wie und wie viele?«
Dr. des. Friederike Landau
In der Keynote [Gegen]Macht - wer, wie und wie viele? geht Dr. des. Friederike Landau (geb. 1989), Stadtsoziologin und politische Theoretikerin aus Berlin, der Frage nach, wie hegemoniale Setzungen von Bedeutung, Macht oder „Wahrheit“ entstehen und sich wieder auflösen können. Auf der Suche nach dem Ursprung „der“ Macht stößt Friederike auf die letzte Abwesenheit eines Grundes, und somit einer Begründung von Macht. Anders gesagt, Macht entsteht aus einem radikalen Nichts und ist somit immer kontingent, nicht notwendig und somit in Erklärungsnot ihrer Selbst. Diese Entthronung „der“ Macht richtet nicht nur den Blick auf die temporäre und widerrufbare Position jeglicher Art von Macht, sondern spürt auch neue Orte, Akteur*innen und Praktiken von [Gegen]Macht auf, die sich immer wieder neu (be)gründen müssen und wollen.
III
»Oneness at the dawn of individuality: A journey through the cults of Dionysus and Cybele between Ancient Greece and Rome«
Talk mit Chiara Baldini
Vor mehr als zweitausend Jahren verbreitete eine Reihe von Kulten über Griechenland und die ganze antike Welt. Diese vermischten prähistorische, ekstatische Praktiken mit dem neu entstandenen philosophischen Diskurs. Diese Kulte, bekannt als die Mysterienreligionen, sorgten für den dringend benötigten frischen Wind, vor allem für jene, die keine wirkliche spirituelle Bedeutung in der olympischen Religion finden konnten. Sie lösten auch eine neue religiöse und kulturelle Bewegung aus, die in der Lage war, Menschen unterschiedlicher Herkunft jenseits des alten Stammesgefühls zu verbinden, sie mit der ekstatischen Dimension der Spiritualität zu verbinden und gleichzeitig die Fortsetzung des prähistorischen Kultes der Mutter Natur zu ermöglichen. In dieser Präsentation folgen wir den Kulten von Dionysos und Cybele auf ihrem evolutionären Weg, erforschen die spirituellen Ergebnisse ekstatischer Gruppenpraktiken, untersuchen Geschlechterrollen im Gottesdienst und die Reaktion der politischen Institutionen.
Chiara Baldini ist eine unabhängige Forscherin aus Florenz. Sie untersucht die Entwicklung des ekstatischen Kultes im Westen, insbesondere im antiken Griechenland und Rom, und trägt mit ihren Erkenntnissen zu Anthologien, psychedelischen Konferenzen und Festivals bei. Sie schrieb "Dionysus Returns: Contemporary Tuscan Trancers and Euripides’ The Bacchae", das im Sammelband “The Local Scenes and Global Culture of Psytrance” (Routledge, 2010) veröffentlich wurde und sie schrieb zusammen mit Graham St. John “Dancing at the Crossroads of Consciousness: Techno-Mysticism, Visionary Arts and Portugal’s Boom Festival” für “Brill’s Handbook of New Religions and Cultural Production” (2012).
Seit 2010 ist sie Mitglied des Kuratorenteams von Liminal Village (dem Kulturraum des portugiesischen Boom Festivals), während sie in den Jahren 2015 und 2016 auch am Aufbau und Betrieb von ConTent, dem Kulturraum des Fusion Festivals in Deutschland mitgewirkt hat. Derzeit ist sie Co-Kuratorin der Anthologie „Psychedelic Mysteries of the Feminine“, die 2019 bei Inner Traditions/Park Street Press erscheinen wird.
IV
»Das empowernde Potential des weiblichen Körpers im clubkulturellen Kontext«
Sarah Ulrich
Der weibliche Körper ist zurück. Zurück als Subjekt einer Debatte, die im Anschluss an Judith Butlers ‚Gender Trouble’ maßgeblich von einer theoretisch-diskursiven Dekonstruktion der Körper geprägt war. Doch immermehr Frauen* entdecken ihre Körper und Sexualität als Instrument der Selbstermächtigung. Der Körper materialisiert sich zunehmend als subjektive Aneignung - auch im clubkulturellen Kontext. Der Club und die sich darin vereinende heterogene Masse bieten Möglichkeiten für Räume der Subversion, das Aufbrechen von Hierarchien und der Machtaneignung - sind es jedoch nicht per se. Welche Voraussetzungen muss die moderne Clubkultur erfüllen, damit Praxis weiblicher Selbstermächtigung Raum greifen kann? Was macht die clubkulturelle Masse zum Ort, in dem Frauenkörper ihre Subjektivität und Sexualität neu definieren, mit ihr experimentieren, sie betonen können?
V
»Die Rolle von Klang für crowd-Formationen«
Billy Bultheel
Für die Konferenz bei CYNETART wird er über den Einfluss von Sound auf die Bildung und Organisation von Crowds sprechen. Angefangen bei seiner Praxis der Komposition für Aufführungsräume, die mit der Schaffung einer Schallgeographie beginnt, die als Katalysator für Bewegung und Performance fungiert, bis hin zu den Menschenmengen der Besucher, die sich im venezianischen Pavillon versammelten, um die Aufführung von FAUST zu sehen. Als Kontrapunkt wird das Verhältnis zwischen dem Publikum und der Performance analysiert.
VI
»Assembling bodies – the possibility to reshape power distribution in our society«
Susanne Scheerer
This format sets out to investigate the power of seeing and being seen: Invisible bodies cannot be taken into consideration of societal process and progress because they are not seen by executive powers and decision makers. Hence the invisibility of marginalized identities and counter cultures are congruent with a lack of power. While the blind spots privilege creates are often times a manifestation of it. Both visibility and privilege are aspects of power execution and the same obstacle – restricted vision.
Following that predicament, the lecture performance will debate power shifts by unveiling individual privileges and how they make us blind, as well as making identity markers visible, which contradict dominant culture.
Together we will take a look at assembling bodies and how becoming visible means stepping into your own power.